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 Abgesehen davon, dass wir uns schon inmitten einer Krise von globalem Ausmaß befinden, haben wir es nun mit einem irreversiblen Vorgang zu tun. Die Erde wird nie wieder dieselbe sein. Ihre physikalisch-chemisch-ökologische Basis wurde auf solch tief greifende Weise verändert, dass sie ihr inneres Gleichgewicht verlor. Sie ist in einen chaotischen Prozess eingetreten, d. h. sie hat ihre Nachhaltigkeit verloren, was die Kontinuität dessen, was sie Jahrtausende lang getan hat, beeinflusst: Leben zu produzieren und zu reproduzieren.

 Jedes Chaos hat zwei Seiten: eine destruktive und eine kreative. Die destruktive Seite ist die Störung einer Art von Gleichgewicht, was im Schwinden von Teilen der Artenvielfalt resultiert und schließlich auch der menschlichen Spezies, bedingt entweder durch deren Unfähigkeit, sich der neuen Situation anzupassen, oder seiner Unfähigkeit, seine tödlichen Auswirkungen abzuschwächen. Am Ende dieses Reinigungsprozesses wird das Chaos beginnen, seine generative Seite zu zeigen. Es wird neue Ordnungen herstellen, das Klima stabilisieren und den Menschen, denen es gelungen ist zu überleben, ermöglichen, eine neue Art von Zivilisation zu errichten.

 Die Geschichte der Erde zeigt uns, dass sie ungefähr fünfzehn große Zerstörungen erlebt hat, wie z. B. das Kambrium vor 480 Millionen Jahren, das 80-90 % aller Spezies zerstörte. Doch seitdem ist die Erde wie eine großzügige Mutter und baute allmählich die Artenvielfalt wieder auf.

 Heutzutage warnt uns eine große Mehrheit der wissenschaftlichen Community vor einem möglichen Kollaps des Lebenssystems, der tatsächlich die Zukunft der menschlichen Spezies bedrohen könnte. Wir alle können diese Veränderungen wahrnehmen, die sich vor unseren Augen abspielen. Große Extreme erscheinen: auf der einen Seite verlängerte Sommer in Verbindung mit großem Wassermangel, der das Ökosystem und die Gesellschaft als Ganze beeinträchtigt, wie es im Südosten Brasiliens geschieht. In anderen Teilen des Erdballs, wie in den Vereinigten Staaten, gibt es extreme Winter, wie man sie seit Jahrzehnten oder sogar Jahrhunderten nicht mehr erlebt hat.

 Tatsache ist, dass wir die physikalischen Grenzen des Planeten Erde erreicht haben. So wie wir diese Grenzen zu überschreiten, wie es durch unsere Produktivität und Konsumgier geschieht, antwortet die Erde mit Orkanen, Tsunamis, verheerenden Fluten, Erdbeben und mit einer irreversiblen globalen Erwärmung. Wenn wir die Temperatur um zwei verheerende Grad Celsius erhöhen, könnte die Situation immer noch handhabbar sein. Doch wenn wir das nicht tun, was nötig ist, nämlich den Ausstoß von Treibhausgasen drastisch zu reduzieren, und unser Verhältnis mit der Natur nicht neu-orientieren hin zu einer kollektiven Selbst-Beschränkung, und die Belastungsgrenzen jedes Ökosystems respektieren, ist ein Anstieg von 4-6 Grad Celsius wahrscheinlich. Dann werden wir die „Qual der Verwüstung“ erleiden, um einen biblischen Ausdruck zu benutzen, und ein großer Teil der Lebensformen, wie wir sie kennen, einschließlich Teile der Menschheit, werden das nicht überstehen können.

 Am 15. Januar 2015 veröffentlichte die bekannte Zeitschrift Science den Artikel „Natürliche Grenzen: Die Entwicklung der Menschen auf einem sich verändernden Planeten lenken“, der von 18 Wissenschaftlern über die Grenzen des Planeten erarbeitet wurde. Diese Wissenschaftler erkannten neun Dimensionen, die den Fortbestand des Lebens und unseren Zivilisationsversuch grundlegend herausfordern. Es lohnt sich, sie aufzuzählen: 1. Klimawandel; 2. Veränderungen der Unversehrtheit der Biosphäre mit dem Schwinden der Artenvielfalt und der beschleunigten Auslöschung von Spezies; 3. Ausdünnung der stratosphärischen Ozonschicht, die uns vor den schädlichen Sonnenstrahlen schützt; 4. die wachsende Übersäuerung der Meere; 5. die Unterbrechung der biologisch-geologisch-chemischen Flüsse (die Zyklen des Phosphors und des Stickstoffs, die für das Leben von fundamentaler Bedeutung sind); 6. solche Veränderungen in der Bodennutzung wie die wachsende Rodung der Wälder und die Verwüstung; 7. die bedrohende Verknappung des Trinkwassers; 8. die Konzentration der Treibgase in der Atmosphäre (mikroskopische Partikel, die das Klima und Lebewesen beeinträchtigen); und 9. die Einführung von synthetischen chemischen Wirkstoffen, radioaktivem Material und Nano-Materialien, die das Leben bedrohen.

 Von diesen neun Dimensionen haben die ersten vier bereits ihre Grenzen überschritten, und die anderen befinden sich in einem fortgeschrittenen Verfall-Zustand. Dieser systematische Krieg gegen Gaia kann sie zum Kollaps führen, so wie es mit Menschen geschieht.

 Und trotz dieser dramatischen Lage schaue ich mich um und sehe voller Entzückung den Wald voller Cuaresmeiras, violette Frühlingsbäume, gelbe Casias und an der Ecke meines Hauses blühende Amaryllis Belladonnas, Tukane auf den Bäumen, wenn ich aus dem Fenster sehe, und die Araras, die unter dem Dach ihre Nester bauen.

 Dann erkenne ich, dass die Erde eine wirklich großzügige Mutter ist: auf unsere Aggressionen lächelt sie immer noch mit Flora und Fauna zurück. Und sie gibt uns die Hoffnung, dass es nicht die Apokalypse, sondern eine neue Genesis ist, was kommt. Die Erde wird überleben. Wie die jüdisch-christlichen Schriften uns zusichern: „Gott ist der souveräne Liebhaber des Lebens“ (Weish. 11,26). Und Gott wird nicht zulassen, dass das Leben verschwindet, nachdem es das Chaos so schmerzhaft überwand.

übersetzt von Bettina Gold-Hartnack