Die Krise unserer wissenschaftlich-technischen Zivilisation verlangt nach mehr als einer historischen und soziologischen Erklärung. Es bedarf einer philosophischen Reflexion, die zu einer theologischen Frage führt. Es war Martin Heidegger (1889-1976), der dies klar erkannte, noch bevor die ökologischen Alarmglocken erklangen. In einer berühmten Vortragsreihe in München im Jahr 1955, an der u. a. auch Werner Heisenberg und Jose Ortega y Gasset teilnahmen, legte er in seiner Rede über „Die Frage nach der Technik“ klar das Risiko dar, das die Naturwelt und die Menschheit laufen, indem letztere sich völlig von der intrinsischen Logik der Denk- und Handelsweise durchziehen lässt, welche für das Erringen persönlicher oder sozialer Vorteile in alle Aspekte der Naturwelt eingreift und diese manipuliert. Die wissenschaftlich-technische Kultur hat unser Verständnis unserer selbst so tief durchdrungen, dass wir weder einander verstehen noch leben können, ohne diese Prothese in uns selbst und in unsere Seinsweise in dieser Welt zu verinnerlichen.
Hier spiegelt sich die Konvergenz zweier Traditionen der abendländischen Philosophie wider: die platonische Philosophie, durch christliche Tendenzen mit einem idealistischen Beigeschmack versehen, und die des Aristoteles, die eher empirisch und die Grundlage der Wissenschaft ist. Mit Descartes verschmolzen beide im 17. Jahrhundert und bildeten die Basis für die moderne Techno-Wissenschaft, das aktuell vorherrschende Paradigma. Diese Seinsweise fragt danach, wie Dinge sind, wie sie funktionieren und wie sie nützlich für uns sein können. Das Wunder, das die Dinge, verglichen mit dem Nichts, darstellen, interessiert sie nicht. Wir spalten uns von der Naturwelt ab, um in die tiefsten Tiefen der künstlichen Welt einzutauchen. Wir haben die organische Beziehung zu den Dingen, Pflanzen, Tieren, Bergen und zu den Menschen selbst verloren.
Alles wird zum Werkzeug instrumentalisiert, das irgendwelchen Zwecken dienlich sein soll. Wir sehen in den Lebewesen nicht mehr den ihnen anhaftenden Selbstzweck, sondern nur seinen physischen oder geistigen Nutzen, den es auszubeuten gilt. Wenn etwas machbar ist, so wird es ohne jegliche ethische Rechtfertigung durchgeführt. Wenn wir ein Atom spalten können, gibt es keinen Grund, dies nicht zu tun und keine Atombombe daraus zu machen. Wenn wir diese Bombe über Hiroshima oder Nagasaki abwerfen können, wer sollte uns daran hindern? Wenn ich den genetischen Code manipulieren kann, gibt es keine moralischen oder ethischen Grenzen, die dies verhindern würden. Und wir führen Experimente durch, die uns interessieren und nützlich für den Markt und für einen bestimmten Lebensstil sein könnten.
Heidegger warnt uns, dass die Techno-Wissenschaft in uns einen Mechanismus (ein Gestell) geschaffen hat, d. h. eine Sichtweise, die alles als einen uns zur Verfügung stehenden Gegenstand erachtet. Er hat alle Bereiche kolonisiert und sich alles Wissen unterworfen. Er hat sich in einen Motor verwandelt, der sich auf eine solche Weise von selbst beschleunigt, dass wir nicht wissen, wie wir ihn noch stoppen können. Wir haben uns zu seinen Geiseln gemacht. Er diktiert uns, was wir zu tun und was wir zu lassen haben. Hier zeigt Heidegger auf, welch großes Risiko wir als natürliche Wesen und als Spezies eingehen.
Die Techno-Wissenschaft schadet den Grundlagen, die das Leben bewahren, und hat eine Zerstörungskraft entwickelt, die in der Lage ist, uns alle auszulöschen. Die Mittel dazu wurden bereits entwickelt und stehen uns zur Verfügung. Wer hält die Hand zurück, die den Armageddon für Natur und Menschheit auslöst? Dies ist die Frage aller Fragen, die uns sowohl als Individuen als auch als Menschheit beschäftigen sollte; mehr als Wachstum und Zinssätze.
Heideggers Antwort darauf ist die „Kehre“, eine Umkehr oder Umwandlung. Dies ist der Endzweck all seines Denkens, wie es einem Brief an Karl Jaspers zu lesen ist: ein Museumswärter zu sein, der die Ausstellungsstücke abstaubt, sodass sie besser zu sehen sind. Als Philosoph bot er sich selbst an (wie schade, dass es in einer so furchtbar komplizierten Sprache ausgedrückt wurde), all das zu entfernen, das unser gewöhnliches und alltägliches Leben bedeckt. Was kommt dadurch zum Vorschein? Nichts, außer allem, was uns umgibt und was unser Sein-in-der-Welt-mit-anderen und mit der Landschaft, dem blauen Himmel, mit dem Regen und mit der Sonne ausmacht. Um zu ermöglichen, dass all diese Dinge als das gesehen werden, was sie sind, unterdrücken sie uns nicht, sondern sie sind einfach da, ruhig, mit uns, zu Hause.
Für diese Seinsweise suchte er bei den Vorsokratikern nach Inspiration, vor allem bei Heraklit, die dieses ursprüngliche Denken lebten, bevor es durch Platon und Aristoteles in Metaphysik, die Grundlage der Techno-Wissenschaft, verwandelt wurde. Doch Heidegger fürchtet, es könne schon zu spät sein. Wir sind dem Abgrund schon zu nahe, um noch umkehren zu können. In seinem letzten Interview im Jahr 1976 mit dem Spiegel, das post-mortem veröffentlicht wurde, sagte er: „Nur noch ein Gott kann uns retten.“
Die philosophische Frage nach dem Geschick unserer Kultur hat sich in eine theologische Frage gedreht. Wird Gott eingreifen? Wird Gott zulassen, dass die Spezies sich selbst zerstört?
Als christlicher Theologe sage ich mit Paulus: „Die Hoffnung aber lässt nicht zugrunde gehen“ (Röm 5,5), denn „Gott ist der Freund des Lebens“ ( Weish 11,26). Ich weiß nicht, wie. Aber ich hoffe.
Übersetzt von Bettina Gold-Hartnack
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